KIRCHWEIHKRIEG  in  BISCHOFSGRÜN.

 

Wie im Krieg ist es in der Nacht vom 23. auf 24. September 1894 bei der Kirchweih in Bischofsgrün zugegangen, so lautete der Pressebericht des Bayreuther Tagblattes zu diesem Fall vor dem Schwurgericht in Bayreuth am 18.06.1895.

Zwölf ledige junge Burschen aus Weißenhaid ( 4 Holzhauer, 4 Steinhauer, 1 Wirtssohn, 3 Bauernsöhne ) saßen auf der Anklagebank und hatten sich wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung zu verantworten.

Der " Krieg "  begann zwischen 7 und 8 Uhr abends in der Wirtschaft des Thomas Frosch in Bischofsgrün, wo von den Angeklagten nach deren missglückten Betrugsabsichten beim Bezahlen ihrer Zeche eine Schlägerei angezettelt wurde.   Tische und Stühle wurden umgeworfen, Gläser und Teller, überhaupt alles was zerbrechlich war, zusammengeschlagen.  Alle Wirtshausgäste  -  soweit sie nicht aus Weißenhaid stammten  -  wurden verprügelt und misshandelt.   Nur mit Mühe konnte die herbeigerufene Gendarmerie und der Bischofgrüner Bürgermeister, der Weber Johann Zapf, der Rauferei ein Ende bereiten.

Die erwähnten Betrugsversuche bestanden darin, dass die Weißenhaider Burschen nach Verabredung ihr Bier mit 20-Pfennigstücken bezahlten und danach behaupteten, die von ihnen   gegebenen Geldstücke seien jeweils Zweimarkstücke gewesen.

Diese Rauferei war nur das Vorspiel. Um 10 Uhr abends hatten sich  -  laut Pressebericht  -  auf dem Marktplatz von Bischofsgrün, auf welchem damals Stände aufgeschlagen waren, über ein Dutzend Weißenhaider Burschen zusammengerottet, um die Bischofsgrüner zu terrorisieren. Bis gegen 11 Uhr war der hierdurch entstandene Auflauf ein derartiger, dass die ganze Straße zwischen Frosch`schen Wirtschaft und der Kirche gesperrt war. Wer hat Kirchweih? Wir haben Kirchweih, Euere Kirchweih ist verreckt.... hallte es über den Marktplatz. Um zu beweisen, dass man jetzt in Bischofsgrün Herr sei, wurden Marktbuden demoliert und jeder, der an der wütenden Rotte vorbeiging, wurde verprügelt. Nur die Flucht in benachbarte Häuser oder unter die Marktstände bot Sicherheit. Eine Anzahl Bischofsgrüner erlitten Körperverletzungen, dem Schreiner Friedrich Purucker wurde sogar ein Stück seines Zeige-

fingers abgebissen. Der Bierwirt Johann Kaiser und dessen Tochter Jette Kaiser konnten sich nur mit Mühe durch Schließen der Haustüre vor den anstürmenden Burschen retten. Der Jette Kaiser wurden Bluse und Kleid zerrissen.

Einige beherzte Männer aus Bischofsgrün unter Führung des Forstkandidaten F. Glaser ergriffen dann zwei der Randalierer und schafften sie in die Wirtschaft Kaiser. Die Festgenommenen sollten in der Wirtschaft von dem herbeigeholten Bürgermeister Johann Zapf verhört werden. Bei seiner Ankunft vor der Wirtschaft traf der Bürgermeister auf einen Haufen Weißenhaider Burschen. Als er die johlende Menge zur Ruhe verwies, wurde er derart verprügelt, dass er mehrmals zu Boden stürzte, nur sein Sohn konnte ihn den Misshandlungen der Raufbolde entreißen.

Bei diesen Ausschreitungen griff auch die edle Weiblichkeit von Weißenhaid mit ein, indem sie Prügel beischleppten und ihre Burschen zu erhöhter Tapferkeit anfeuerten. Von der Gendarmerie ist in dem ausführlichen Pressebericht nicht mehr die Rede  -  offenbar war sie zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung nicht mehr imstande.

Die gerichtlichen Voruntersuchungen erwiesen sich als besonders schwierig. Die Raufbolde, die aus dem ca. 2 Stunden von Bischofsgrün entfernten Weißenhaid stammten, waren den Bischofsgrünern meist unbekannt.

Zudem spielten sich die fraglichen Exzesse hauptsächlich zwischen 11 und 12 Uhr nachts ab.

Vor Gericht gestanden die Angeklagten nichts ein und belasteten sich auch nicht gegenseitig. Die Beweisaufnahme gestaltete sich schwierig, da ein Teil der Zeugen ihre in der Voruntersuchung gemachten Aussagen nur noch in abgeschwächter Form aufrechterhielten oder ganz zurückzogen. Die Verteidigung  zog daraus  den Schluss, dass seitens der Anklage der Schuldbeweis nicht erbracht worden sei und forderte für sämtliche Angeklagte Freispruch.

Die zwölf Geschworenen schlossen sich der Auffassung der Verteidigung an und verneinten alle vom Gericht gestellten Schuldfragen. Die Angeklagten mussten daraufhin vom Schwurgericht freigesprochen werden.

Das Gerichtsurteil löste in Bischofsgrün Unmut und Unverständnis aus. Man konnte nicht verstehen, dass alle Weißenhaider Raufbolde so gänzlich ungeschoren davon gekommen sind. das Urteil empfand man als ungerecht.

Auch der Vorsitzende des Schwurgerichtshofs, der die Verhandlung leitete, der kgl. Oberlandesgerichtsrat Stöckl, sah den Wahrspruch der Geschworenen als unrichtig und das Urteil als Fehlurteil an. In seinem Bericht zur beendeten Schwurgerichtsperiode an den Oberlandesgerichtspräsidenten in Bamberg führte er am 19.06. 1895 zu diesem Fall aus:

 

Allein nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass ein Teil der Angeklagten sich eines Vergehens der Körperverletzung schuldig gemacht habe, trotzdem wurden auch die hierauf gestellten Fragen von den Geschworenen verneint.

 

Also:  Ein von den Geschworenen herbeigeführtes  "  Fehlurteil  ".

 

Zu solchen falschen Urteilen ist es im damaligen Schwurgerichtssystem, in dem die Geschworenen allein über Schuld oder Nichtschuld entschieden, häufiger gekommen.

 

 

Artikel geschrieben von  -  Helmut Paulus                      Ausgesucht von Heinz Zahn